22. Dezember 2020

Bewerbungstipps und -tricks aus 10 Jahren Berufserfahrung

„Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“ Vor meiner Zeit bei der BCM habe ich diese Fragen viel zu häufig im Bewerbungsverfahren gehört. #Gähn
Was erwarten Personaler eigentlich, wenn sie diese Fragen stellen? „Ich hasse Menschen und kann deswegen nur alleine arbeiten.“ „Ich will am liebsten den ganzen Tag auf Malle feiern. Leider brauche ich den Job, weil mir sonst das Amt im Nacken sitzt.“ „Kein Plan, was du hören willst, aber labern kann ich allemal.“

Das sind kaum Aussagen, die die Entscheider hören wollen. Natürlich wissen das die Bewerber/innen und deswegen kommen häufig Antworten wie „Ich bin teamfähig.“ oder „In der Uni habe ich immer das Team vorangebracht und die unliebsamen Dinge erledigt.“ Dass ein jeder Vorgesetzter gerne Menschen um sich herum haben möchte, die sich in den Dienst der anderen stellen und die Aufgaben gewissenhaft und sorgsam erledigen, ist doch gesetzt. Ob das auch der Wahrheit entspricht, sei mal dahingestellt.

Zur Vorbereitung auf den Blogbeitrag habe ich mich an einer Stichwortsuche versucht: „Perfekter Auftritt bei Vorstellungsgesprächen“

  • Bewerbungsausrüstung mit (digitalem) Notizheft
  • Businesstasche statt Handtasche bei Frauen
  • Handy auf Flugmodus statt Vibration
  • Das Unternehmen verkörpern
  • Blabliblub

Alles davon sind hohle Phrasen. Würde mir so ein Typ gegenübersitzen, der demonstrativ das Tablett zückt, seine Aktentasche neben seinem Stuhl im 90 Grad Winkel platziert und dann noch perfekt vorbereitete Sätze fallen lässt wie „Sie sind ja wirklich in einer super Lage, wie auf Ihrer Homepage präsentiert.“ spätestens dann denke ich mir: „Oh Mann, bei dir schau ich gleich mal ganz genau hin, was du neben deinem Businessratgeber sonst noch drauf hast.“

Eine Grundregel sollte jede/r Bewerber/in verinnerlichen: Zu schön darf es dann auch nicht sein. Forscher haben nämlich herausgefunden, dass durchschnittlich hübsche Menschen bevorzugt eingestellt werden. Sobald aber diese Schönheit den Durchschnittswert übersteigt, werden wir uns der Schönheit bewusst und suchen in jeder Kleinigkeit den Makel. Dieses Phänomen aus der Arbeitspsychologie können wir eins zu eins übernehmen und auf die Präsentation vor dem potenziellen neuen Arbeitgeber übertragen: Not too much! Andernfalls denkt er sich: „Es ist zu schön, um wahr zu sein.“

Nehmen wir das Wort Vorstellungsgespräch einmal auseinander: Vorstellung und Gespräch. Ich möchte mir als Arbeitgeber eine Vorstellung über den/die Bewerber/in machen. Und das in einem persönlichen Kennenlernen. Andersherum möchte auch der/die Bewerber mehr über das Unternehmen erfahren, um zu wissen, ob er/sie mit ihm matcht: „Passe ich ins Unternehmen? Hat es eine ähnliche Wertvorstellung wie ich? Wie sind wohl die Kollegen? Welche Rolle kann ich einnehmen?“

Natürlich wollen Bewerber/innen erst einmal beim neuen Unternehmen punkten. Aber wer zu sehr mit seinen wirklichen Absichten hinter dem Berg hält, wird selten das Umfeld finden, das auf seine Stärke setzt. Mir sagte mal eine Klientin im Coaching: „Wissen Sie Frau Vivaldi, ich möchte einfach in einer Firma arbeiten, in der ich gefördert werde. Die Kollegen und Chefs sollen mir Feedback geben und nicht nur sagen, dass was richtig blöd gelaufen ist. Mir meine Fehler zu sagen, ist das eine. Mir dabei helfen, mit den Fehlern umzugehen und sie auszubügeln, das andere. Meine Ausbildungsfirma legt da leider nicht so viel Gewicht darauf.“ Auf meine Frage hin, was sie denn über das Unternehmen wissen wolle, antwortete sie: „Na genau das. Wie ganz konkret mit Fehlern umgegangen wird.“ Weiter fragte ich sie, ob sie in ihrem Bewerbungsprozess diese Frage denn den Firmen auch stelle. Sie wurde leise und fragte mich: „Ja kommt denn das nicht überheblich und unhöflich rüber?“

Wie will ein perfektes Match gelingen, wenn wir unseren Charakter verschleiern? Nichts ist so veraltet als die Vorstellung, dass wir Stellen besetzen. „Stellen werden vergeben, Rollen genommen.“ Zu dieser Erkenntnis kommen auch Nils Pfläging und Silke Hermann. Die beiden Autoren und Unternehmenscoaches revolutionieren das herkömmliche Tayloristische Verständnis vom Management. Moderne Personaler achten vielmehr darauf, Teams in Rollen zu denken. Dadurch wird im Teamkontext aus einer vermeintlichen Schwäche eine wichtige Stärke.

Was heißt das nun für die Situation im Vorstellungsgespräch? Hier drei konkrete Tipps, die du sofort ganz leicht umsetzen kannst:

 

1.Oberstes Gebot: Glaubwürdigkeit

Sei glaubwürdig. Du willst dein eigenes Ding machen, statt es im Team zu besprechen. Leg es auf den Tisch. Du arbeitest lieber alleine, statt dich im Team einzubringen. Sprich es an.

2.Wertschätzende Kommunikation: Der Stärken- und Schwächen-Zauber

Sei immer wohlwollend und freundlich. Gib dem Unternehmen zu verstehen, an welcher Stelle du der Teamarbeit etwas Positives abgewinnen kannst und an welcher Stelle du dich eher alleine ans Werk machst. Stelle dabei die Vorteile heraus. Damit schätzt das Unternehmen deine Werte ein. Dies könnte zum Beispiel „effizientes und zügiges Arbeiten“ sein. Erwähne Merkmale, an denen dieser Vorteil veranschaulicht wird. „Ich habe tägliche, dafür kurze Termine im Team. Dort stimme ich mich regelmäßig ab und arbeite dann fokussiert meine To Dos ab.“ Nenne abschließend Zeugen, die die positive Eigenschaft belegen. „Ich konnte mein Zeitmanagement innerhalb des letzten Jahres um 100% verbessern.“

3.Gaußsche Normalverteilung: Grenzwerte im Kleiderschrank

Sei grenzwertig, aber nicht grenzüberschreitend. Bist du Anzugträger? Dann kleide dich entsprechend. Findest du hingegen Hoodie und Sneakers bequem? Go for it. Dein Kleidungsstil verrät viel über deine Persönlichkeit. Wie aber im Vorstellungsgespräch auftreten? Denke immer daran, dass der erste Eindruck wirkt. Welche Assoziationen kommen den Menschen bei Anzugträgern? Angepasster Streber! Bei Hoodie? Chiller auf Dope! Wenn du dich also nicht gerade in einer Bank oder in einem Jugendhaus bewirbst, gehe in dich. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es bei dir im Kleiderschrank etwas zwischen diesen zwei Extremen geben wird. Bilde das in deiner Garderobe ab. Was drückt deine Persönlichkeit aus und heftet dir keine negativen Assoziationen an? Alles unter dem obersten Gebot: Glaubwürdigkeit!

„Die einzig glaubwürdigen Portraits sind Bilder, in denen sehr wenig von dem Modell und sehr viel vom Künstler enthalten ist.“ (Oscar Wilde)

 

Jetzt seid Ihr bestens vorbereitet. Schaut mal in unserem Karrierebereich vorbei und probiert unsere Tipps und Tricks aus 😉

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